Samstag, den 10. November 2018 um 20 Uhr – Einlass um 19 Uhr
André Wülfing war bereits im Juni 2017 mit dem Stück „Shamrock – Geschichten von der grünen Insel (Irish Stories)“ sehr erfolgreich zu Gast auf unserer kunstwerden-Bühne.
Nun präsentiert er Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran (Originaltitel: Monsieur Ibrahim et les fleurs du Coran), das zu einer Erzählung umgearbeitete Theaterstück des französischen Schriftstellers Éric-Emmanuel Schmitt.
Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran
Momo: Momo (eigentlich Moses, er wird von Monsieur Ibrahim später im Buch in Momo umbenannt) ist ein elf Jahre alter jüdischer Junge, der mit seinem Vater, der Rechtsanwalt „ohne Fälle“ ist, in einer Wohnung in Paris, in der Rue Bleue lebt. Seine Mutter, sowie seinen – wie sich später herausstellt – imaginären, vom Vater erfundenen Bruder Popol hat er nie kennengelernt. Er versteht sich zudem nicht mit seinem geizigen und unnahbaren Vater, der ihn in einem wiederholten Akt seelischer Grausamkeit mit seinem scheinbar perfekten Bruder Popol vergleicht, der angeblich bei der Mutter lebt. Momo obliegen sämtliche Hausarbeiten und infolgedessen fühlt er sich überfordert und wie ein Sklave ausgenutzt. Das von Kälte, Misstrauen und Geheimniskrämerei geprägte Vater-Sohn-Verhältnis treibt Momo als Elfjährigen in die Arme der Prostituierten des Viertels. Bei ihnen versucht Momo die Liebe zu finden, die ihm vom Vater verwehrt wird. Er fühlt sich von ihnen zum „Mann“ gemacht.
In Monsieur Ibrahim, dem Besitzer eines kleinen Kolonialwarenladens, findet er jedoch einen Freund und später auch einen Vater, da sein leiblicher Vater sich aus Verzweiflung über den Tod seiner eigenen Eltern, die einst von den Nationalsozialisten ermordet wurden, vor einen Zug wirft. Nach dem Tod von Monsieur Ibrahim bekennt Momo sich offen zum Islam, er übernimmt zur Gründung einer bescheidenen Existenz den Laden des Verstorbenen und tritt aus voller Überzeugung als Arabe du coin („Araber von der Ecke“) in dessen Fußstapfen. Zusätzlich findet er einen späten Frieden mit seiner Mutter, die ihn nicht seinetwegen, sondern wegen seines Vaters verlassen hatte.
Monsieur Ibrahim: Er ist seit 40 Jahren der „Araber“ im jüdischen Umfeld der Rue Bleue, obwohl er eigentlich kein Araber, sondern Moslem aus dem Goldenen Halbmond des östlichen Anatoliens ist. Zudem besitzt er einen kleinen Kolonialwarenladen in derselben Straße. Weil Monsieur Ibrahim viel lächelt, aber wenig spricht, weil er aus stoischer Ruhe große Kraft zu schöpfen scheint, weil er gleichzeitig feste Größe und Notanker in hektischer Umgebung ist, gilt er nicht nur bei Momo, sondern im ganzen Viertel als Weiser. Er wird zur zentralen Figur in Momos Leben als sein verlässlicher, gütiger Berater und weitsichtiger, bisweilen verschmitzt-schlitzohriger Mentor.
Für seinen jungen Schützling, Momo, erfüllt er eine Art Brückenfunktion zur Erwachsenenwelt. Er stärkt dessen unter anderem durch den Vater angeschlagenes Selbstbewusstsein, indem er ihm das Gefühl gibt, trotz aller Schwächen und Unzulänglichkeiten angenommen und geliebt zu werden. Nach dem Selbstmord Momos von Arbeitslosigkeit betroffenen Vaters adoptiert Monsieur Ibrahim den Jungen und wird so für Momo der Vater, den er nie hatte. In den darauf folgenden Tagen und Monaten versucht Monsieur Ibrahim, Momo auf einer Art Erziehungs- und Bildungsreise die Schönheiten und die Werte der Welt, den Weg zum Glück und den Sinn für das „richtige“ Leben nahezubringen, wie ihn die Leitsätze des Koran wegweisend lehrten.
Nachdem er ihm schon zuvor Paris gezeigt hat, führt die Reise zunächst in die Normandie und schließlich zum Goldenen Halbmond, wo sie nach einer abenteuerlichen Autofahrt landen. Hier, in der Gegend, wo Monsieur Ibrahim geboren wurde, schließt sich für ihn der Lebenskreis. Er stirbt bei einem Autounfall, ohne Bitterkeit, mit dem Gefühl eines erfüllten Lebens und im Bewusstsein, seinen Erziehungsauftrag an Momo vollendet zu haben. In weiser Voraussicht hat Monsieur Ibrahim für Momo vorgesorgt: Er hinterlässt ihm alles Geld, seinen Laden und seinen Koran.
Der Eintritt frei, jeder gibt in den Hut was er mag und kann.